08. und 09.07. (10.07)

In Nida war heute Vormittag richtig was los, es wirkte wie ein Ameisenhaufen. Ein ständiges kommen und gehen, auf dem Campingplatz und in Nida selbst. Nach meinem zweiten Frühstück, Zimtschnecke mit Kaffee, fuhr ich Richtung Norden. Auf den gut ausgebauten Radweg ging es schön schnell voran, obwohl sehr viel Leute mit dem Rad, auf  Skates, Scooter oder zu Fuß unterwegs waren. Die Kurische Nehrung ist heute ein großes Feriengebiet und die meisten Orte bestehen hauptsächlich aus Ferienhäusern, aber in einem Ort habe ich einen kleinen alten Friedhof im Wald entdeckt, mit den ersten Gräbern aus dem 19. Jahrhundert. Es waren nur noch wenige Gradsteine und Kreuze von damals mit Inschriften erhalten, aber diese waren auf deutsch. Geschichte zum Begreifen. Bis heute werden dort Bewohner beigesetzt.

Unterwegs habe ich immer mal wieder über die Dünen an den Strand geschaut, dabei gab es keinen Strandabschnitt ohne Menschen. Ich war froh, am Abend zuvor, meinen Platzt gefunden zu haben. 

Der sehr gut ausgebaute Radweg schlängelte sich durch die Wälder und Dünen bis zur Fähre nach Klaipede. Klaipede wirkt schon sehr skandinavisch und hat ein tolles Flair. Nach einem kurzen Streifzug durch die Altstadt wollte ich weiter Richtung Norden. Unterwegs füllte sich der Radweg mit E-Motorräden, Skatern, Fahrradfahrern und Fußgängern. Es war unglaublich voll. Auf einem nicht ganz so belebten Abschnitt, in einer Gras- und Birkenlandschaft, riss mir glücklicherweise meine Kette (!?). Das reparieren ging schnell und ich nutzte die „Einsamkeit“ um noch mal zum P. in den Wald zu gehen. Als ich zurück zum Fahrrad ging hatte ich eine sehr merkwürdige Begegnung mit einem Fuchs. Ich konnte es zu erst gar nicht glauben, dass ein Fuchs direkt auf mich zu kommt. Wir blieben dann gleichzeitig ca. 5 Meter von einander entfernt stehen und schauten uns einen Augenblick an. Natürlich hatte ich in dem Moment kein Handy bei mir….. Ich ging dann langsam einen leichten Bogen nach links, ebenso der Fuchs, bis wir beide uns wieder gegenüberstanden jedoch an der Position des Anderen. Wir schauten uns wieder ein wenig an, bis der Fuchs etwas gerochen hatte was er interessanter fand. Ich ging langsam Rückwerts zum Rad. Mittlerweile sind auch zwei Radfahrerinnen auf den Fuchs aufmerksam geworden und standen auf dem Radweg mit dem Handy und filmten den Fuchs. Diverse andere Leute, die die Stelle passierten, haben keine Notiz von dem ganzen genommen. Ich konnte endliche eine Kamera rausholen um den Fuchs zu filmen, der jetzt wieder mich beobachtet. Dann fing der Fuchs an im Gras zu schnüffeln und begann eine Maus zu jagen, die er schließlich auch fing. Nach der kurzen erfolgreichen Jagt, ging er ein paar Meter weiter hinter einen Busch, setzte sich hin und beobachtet mich wieder. Das war das Zeichen für mich mein Rad zu nehme und aus seinem Revier zu verschwinden. 

Ich fuhr weiter zu dem Campingplatz meine Wahl, aber zum ersten Mal wurde ich abgelehnt, weil der Platz voll war. Auch die nächsten zwei Plätze waren voll. Ich suchte mir einen Platz, der etwas weiter weg war und fuhr diesen direkt an, ohne bei weiteren Plätzen anzufragen. Der von mir herausgesuchte Platz hatte gute Rezension und ich hatte mich richtig gefreut. Aber wie soll ich es beschreiben? Entsetzt wäre zu viel, überrascht trifft es wohl ganz gut. Der Platz wirkte wie ein Abstellplatz für Wohnwagen im Wald, überall hingen alte Planen als Sonnen-, Wind-, Regen- Sichtschutz, alte Unterstände mit zerbrochenen Dächern, ein paar Hütten und alte Schuppen, es gab vier Toiletten für ca. 250 Personen die auf dem Platz übernachten, eine „Küche“ mit Sachen die wohl mal in einer Küche standen, aber längst ihr Lebensende erreicht hatten und 1 (eine!) Dusche. Für die Dusche musste man 3 Euro pro Nutzung extra zahlen. Ich war an diesem Tag zu erschöpft um noch irgendwie darauf zu reagieren und mir einen neun Platz zu suchen. Also blieb ich. Ich konnte mir das letzte gerade Rasenstück für mein Zelt aussuchen, direkt vor der kleinen Veranda auf der der Chef in einem alten Friseur-Drehstuhl saß. Ich schätze den „Chef“ auf Mitte achtzig Jahre. Die Veranda war an zwei Seiten offen, an den beiden Wänden zum Haus waren diverse Steckdosen und Kabelverlängerungen angebracht, in den diverse Powerbanks und Handys geladen wurden. Vor den Füßen des „Chefs“ wuselte ein sehr kleiner Hund hin und her, der jeden anbellte der die Steckdosen nutzen wollte, es seiden man kommt zum Bezahlen. Ich musst für diese Übernachtungsmöglichkeit 15 Euro in bar bezahlen. Ein wirklich stolzer Preis. An diesem Abend habe ich zum ersten mal auf die Dusche verzichtet und entschieden, dass Baden im Meer ausreicht. Am nächsten Morgen als ich am frühstücken war, kam ein Camper nach dem Anderen, begrüßen den „Chef“ per Handschlag oder verbeugten sich leicht, sprachen ehrfürchtig, um dann zu bezahlen. Alle in bar. Um ggf. Geld zu Wechsel, zog der „Chef“ ein sehr dickes Bündel Geldscheine aus der Hosentasche, schlug ein A4 Buch mit linierten Blättern auf und machte sich kleine Notizen hinter den bereits eingetragenen Namen. Es wirkte wie eine Szene aus einem Mafia-Film. Zwischendurch kam der kleine Hund von der Veranda, stellte sich davor auf und fing an zu bellen, einfach so, ohne ersichtlichen Grund. Sehr kurios diese Szenerie!

Ich hab auch am Morgen auf meine Dusche verzichtet. Das ging ganz gut.

Gestern Abend habe ich mal wieder einen schönen Platz gefunden, nördlich von Lipaja, Lettland, direkt an einem kleinen See mit diversen Freizeitmöglichkeiten. Der Platz hat ausreichend gepflegte Toiletten und Duschen. Auf meiner Tour hierher habe ich mich absichtlich nicht an die die offiziellen Radwege EV10 und EV13 gehalten und bin stattdessen auf lettische Radwegen gefahren, um auszuprobieren ob sie wirklich so schlimm sind. Dabei bin ich mal wieder auf einem unbefahrbaren Waldweg geleitet worden, der mich durch einen wunderschönen Urwald geführt hat. Die Mück und die Bremsen in diesem Wald hätte gut bei Jurassic Park mitspielen können. Es waren Monster, sie waren riesig! Vor und nach dem Urwald bin ich wieder über Schotter-Waschbrett-Straßen gefahren und irgendwo auf diesen Wegen ist mein Fahrrad sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Das Hinterrad hat auf der Strecke einen kräftigen Schlag abbekommen und eiert jetzt gewaltig. Die „letzten“ 40 Kilometer auf der Straße waren dadurch fast wie ein Geländefahrt. Das ist zwar sehr ärgerlich, aber ich bin guter Hoffnung hier eine Fahrradwerkstatt zu finden. Auf dem Campingplatz habe ich mich für drei Nächte bis Mittwoch angemeldet, um mir Gedanken über den weiteren Weg zu machen. Ich kann mir gut vorstellen, von hieraus den Bus nach Riga zu nehmen, vorausgesetzt ich kann mein Fahrrad mitnehmen. Auf meiner Fahrt gestern ist mir aufgefallen, dass ich nur einen Bikepacker gesehen habe, aber das mir diverse Motorradfahrer einen Like-Daumen im vorbeifahren gegeben haben. Ja, Radreisen ist hier anstrengend und herausfordern. 

Für heute ist noch Wäsche waschen und vielleicht die Fahrradwerkstatt angesagt. Mal sehen ob ich das alles schaffe, aber jetzt, um 14 Uhr, koche ich mir erst noch mal einen Kaffee. 

Übrigens: Camping an der litauischen Ostseeküste ist sehr teuer. Die meisten Litauer die dort Urlaub machen fahren teure große Autos von Audi, BMW, VW, Mercedes oder Bentley!

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